Eine Bevölkerungsmehrheit begrüßt die von der Bundesregierung geplante Strompreisbremse. Sie lehnt jedoch ab, sie über eine umfassende Umsatzabschöpfung bei Betreibern von Erneuerbarer-Energien-Anlagen zu finanzieren. Dies geht aus den Ergebnissen einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage hervor, die in der vergangenen Woche durchgeführt wurde. Auftraggeber war der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar), der auch ein Rechtsgutachten vorlegt. Es hält die geplante Erlösabschöpfung für unvereinbar mit dem Grundgesetz.
Die Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut „YouGov“ unter 2.040 Bürgern wahlfähigen Alter durchgeführt. 76 Prozent hatten zu dem Thema eine Meinung. Von ihnen wollten 19 Prozent die Strompreisbremse hauptsächlich aus den Umsätzen von erneuerbaren Energien und anderen Energieträgern abgeschöpft sehen. 61 Prozent bevorzugten als Finanzierungsquelle entweder „Zufallsgewinne“ von Atom- und Kohlekraftwerken (35 Prozent) oder das allgemeine Steueraufkommen (26 Prozent). 20 Prozent könnten sich eine moderate Sonderabgabe oder Steuer auf einen Teil der Gewinne aller Energieerzeuger vorstellen.
Der BSW-Solar legt zudem ein Gutachten der auf Wirtschaftsrecht spezialisierten Berliner Anwaltskanzlei Raue vor. Demnach verstoße der Gesetzesentwurf zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen nicht nur gegen die zugrundeliegende EU-Notfallverordnung. Er sei auch unvereinbar mit nationalem Verfassungsrecht. Die geplante Erlösabschöpfung dürfte wie zuvor schon die gescheiterte Gasumlage in eine unzulässige Sonderabgabe umschlagen, warnt Anna von Bremen, Autorin des Rechtsgutachtens von der Kanzlei Raue. Letztlich sei die Abschöpfung eine Staatsfinanzierung, deren finanzverfassungsrechtliche Voraussetzungen aber nicht vorlägen.
Der Gesetzesentwurf verstoße zudem gegen elementare Grundrechte insbesondere der Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien. Die Besteuerung fiktiver Gewinne stelle eine Verletzung des Eigentumsrechts dar. Sie missachte zudem die EU-Notfallverordnung, nach der das Funktionieren der Stromhandelsmärkte nicht verzerrt und einzelne Marktteilnehmer nicht diskriminiert werden dürfen.
Der Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar Carsten Körnig appellierte an die Bundestagsabgeordneten, den Gesetzesentwurf zur Finanzierung der Strompreisbremse derart zu entschärfen, dass die Investitionssicherheit der Solarbranche sowie der Klimaschutz nicht in Mitleidenschaft gezogen und eine Klagewelle vermieden werde.
Das Gesetz wird am diesem Donnerstag in den Bundestag eingebracht und soll noch in diesem Jahr in Kraft treten. Die Solarbranche hatte in den letzten Wochen wiederholt davor gewarnt, dass die Strompreisbremse nicht zu einer Energiewendebremse werden dürfe. Sie hatte die Bundesregierung gebeten, die Spielräume der EU-Vorgeben vollumfänglich zu nutzen und erhebliche Kostensteigerungen bei Errichtung, Finanzierung und Betrieb neuer Erneuerbaren-Projekte zu berücksichtigen.
Auch ein von Lichblick beauftragtes Rechtgutachten der Kanzlei Raue kam zu dem Ergebnis, dass die Abschöpfung von Gewinnen aus Solar- und Windparks gegen EU-Recht verstoße und die in der Verfassung festgeschriebene Eigentumsgarantie verletze. Zudem erhoben Experten in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag erhebliche Bedenken gegen die Einführung eines Energiekrisenbeitrages für Unternehmen der Öl-, Gas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft aufgrund einer EU-Verordnung. David Hummel, Referent am Gerichtshof der Europäischen Union und Professor an der Universität Leipzig, argumentierte unter anderem, dass es sich dabei um eine zusätzliche Ertragsteuer handle. Bei Steuern aber gelte das Einstimmigkeitsprinzip im Ministerrat und die Pflicht zur Beteiligung des Europäischen Parlaments.
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